Peter ist in der vierten Generation von Einwanderern mit drei Schoenbaechler- und fünf Kaelin-Linien verwandt - allesamt mit Einsiedler Wurzeln. «Mein Einsiedler Erbe ist unübersehbar, wenn ich meinen Stammbaum anschaue. Und ich bin stolz darauf, Schweizerblut in mir zu haben.
Es ist erstaunlich, wie viele Schoenbaechler und Kaelins in meiner Familie sind. Die Einwanderer haben damals hier in Louisville wieder Leute aus ihrer engsten Heimat geheiratet. Jeder kannte jeden. Und es kam oft vor, dass wegen allfälliger Blutsverwandtschaft vor der Eheschliessung noch mit dem Pfarrer der Holy Trinity Church geredet werden musste.
In Einsiedeln war ich leider noch nie und ich spreche nur wenige Wörter Deutsch. Schade, aber es ist so: Früher hatte ich keine Zeit zum Reisen, und jetzt bin ich an Parkinson erkrankt und nicht mehr mobil. Aber ich ‹reise› in meinen Gedanken. Mit meiner Familienforschung habe ich schon in den frühen 1980er Jahren angefangen. Wenn ich in den Wintermonaten weniger Arbeit hatte.»
In der Gruetli Helvetia Society war Peter aus Zeitgründen nie. Aber er hat mit seinen weitverzweigten und grossen Familien regen Kontakt. «Was für eine Überraschung: Dank des Projekts ‹Einsiedeln anderswo› lernte ich vor wenigen Tagen in Louisville sogar einen mir noch nicht bekannten Cousin kennen, David W. Kaelin. Wir trafen uns bisher noch nie - dabei haben wir doch gemeinsame Kaelin-Ururgrosseltern.»
Doch alles der Reihe nach: Martin Joseph Schoenbaechler, Peters Urgrossvater, mütterlicherseits, wanderte 1883 mit seinem älteren Bruder Alphonse Gottfried aus Oberegg am Etzel nach Louisville aus. «Es hiess, es wäre noch ein dritter Bruder mitgereist. Aber der sei unterwegs nach Le Havre in einer Lawine umgekommen.»
Um 1880/1890 war Louisville von unzähligen Milchfarmen umgeben. Die Milchbauern, ein Grossteil aus der Schweiz und viele aus Einsiedeln wie die Schoenbaechlers, Zehnders, Kaelins, Bisigs und Ehrlers von der Cannons Lane, verkauften ihre Milch in der aufstrebenden Stadt und sogar in anderen Kentucky Counties. «Zehn Cents bekamen sie für eine Gallone (3,79 Liter) Milch.»
Jefferson County war damals der grösste Milchlieferant Amerikas. Es war eine aufstrebende Gegend und die Einwanderer schrieben fleissig heim: «Kommt nach St. Matthews, hier ist es gut für die Milchwirtschaft; hier fliessen Milch und Honig!»
Der gut zwanzigjährige Oberegger Martin Joseph begann bald nach seiner Ankunft in Kentucky als Melker zu arbeiten, auf der Pacht-Farm des Landsmannes John Martin Kaelin in St. Matthews. Die meisten der Einsiedler Einwanderer besassen aus finanziellen Gründen keine eigenen Farmen, sondern waren Pächter. Der Bauernhof war im Besitz des Deutschen Georg Guetig.
Dass die Verwandtschaftsfäden Jahrzehnte später mit den Guetigs zusammenkommen würden, ahnte damals natürlich niemand. «Mein Urgrossvater Georg Guetig war übrigens der Erste, der eine Schule für farbige Kinder gründete.» Auf dem Hof lernte Martin Joseph Schoenbaechler Josephine, die älteste der Kaelin-Töchter, kennen. Das Bauernehepaar, John Martin und Katharina Kaelin, starben im Jahre 1884 beide innert dreier Monate an verseuchtem Wasser. Sie hinterliessen zwölf Waisenkinder, das jüngste war nur wenige Monate alt. «Auf dem Totenbett soll John dem jungen Schoenbaechler die Pacht der Farm angeboten haben, wenn er seine älteste Tochter Josephine heiraten würde - sie war 17-jährig.»
Die elf Geschwister von Josephine mussten ihr Zuhause verlassen. Sie kamen alle zusammen ins Waisenhaus, ins St. Joseph’s Orphanage Home der Ursulinerinnen an der Frankfurt Avenue. «Noch heute wird in St. Matthews von dieser grossen Tragödie in unserer Familie erzählt. Viele meiner Cousins und Cousinen stammen aus dieser Kaelin-Familie. Beim Eingang zum Heim stehen Tafeln, die an die Kaelins im St Joseph’s erinnern. Die Nachkommen der Waisen unterstützen das Heim bis heute aus Dankbarkeit grosszügig. Und es gibt jedes Jahr im Sommer ein grosses Fundraising-Picknick, von den Kaelins mitorganisiert.»
Martin Joseph und Josephine Schoenbaechler hatten zusammen eine riesengrosse Familie - Josephine gebar zwischen 1887 und 1912 vierzehn Kinder. Nach einigen Jahren verliess die wachsende Familie die Milchfarm an der Cannons Lane in St. Matthews - so um 1906 oder 1908 herum. «Sie wollten Downtown leben, und mein Urgrossvater arbeitete später in einer Brauerei. Um 1901 herum hat er die Farm gemalt, und auch das später entstandene Bild der Brauerei ist noch erhalten. Es sind zwei Gemälde mit grosser Ausstrahlung, die in unserer Familie hoch geachtet sind.
Mein Grossvater Martin Anton Roman Schoenbaechler war das fünfte Kind der 16-köpfigen Familie. Er heiratete 1927 wieder eine Frau mit Einsiedler Wurzeln, Marie Augusta Rosa Kaelin aus Louisville, deren Grosseltern aus Einsiedeln und Willerzell ausgewandert waren. Ich erinnere mich gut an meinen Grossvater. Ich hätte ihn noch viel, viel mehr über die früheren Generationen, die Einwanderung und das Leben um die Wende zum 20. Jahrhundert fragen sollen. Das bereue ich sehr. Er konnte jodeln und sprach Schweizerdeutsch, und ich bin mit ihm Fischen gegangen.»
Wie sehr die Familiengeschichte(n) und die Milchwirtschaft Peter Guetig interessieren, zeigt sich daran, dass der mittlerweile 66-Jährige kürzlich ein Buch über die «Louisville Dairies» geschrieben und herausgegeben hat. «Damit die Informationen von damals erhalten bleiben. Es darf nie vergessen gehen, wie wichtig die Milchwirtschaft für die Gegend war. Und wie stark unsere Vorfahren aus der Schweiz und vor allem auch aus Einsiedeln diese mitprägten.»